Ein schreckliches Land von Keith Gessen
Vorgestellt am Bücherherbst 2022 von Stefan Niederer

Keith Gessen erzählt im Roman die Geschichte von Andrej Kaplan, der in Moskau geboren und in der USA im russischen Umfeld aufgewachsen ist. Dort in Bosten hat er auch „Slavistik“ studiert. Die Grossmutter mütterlicherseits ist als einzige in Moskau verblieben.
Gessen weiss wovon er schreibt, denn der Schriftsteller ist selber von Moskau nach den USA immigriert.
Andrej hat einen um zehn Jahre älteren Bruder, Dima. Eine zwielichtige Person, der nach dem Zerfall der Sowjetunion sofort nach Moskau zurückkehrt und dort seine Zukunft sieht. Und vor allem die Chance schnell viel Geld zu machen.
Dima weiss natürlich, dass die Grossmutter an Altersdemenz erkrankt ist. Und so lockt er seinen Bruder Andrej nach Moskau, um für ein paar Wochen auf die Grossmutter aufzupassen.
Da Andrej ein eher wenig erfolgreicher „Slawisch Dozent“ ist und momentan keine feste Anstellung hat, nimmt er die Einladung nach Moskau an. Denn die paar wenigen Studenten kann er ja über das Internet betreuen.
Andrej in Moskau angekommen, erwartet natürlich dort seinen Bruder. Dima ist aber in London „geschäftlich“ unterwegs. So zieht er eben bei der Grossmutter ein. Denn inzwischen hat sein Bruder die Wohnung bereits wieder vermietet.
Da beginnt eigentlich die wunderbare Geschichte zwischen dem Enkel Andrej und seiner dementen Grossmutter.
Andrej kümmert sich fürsorge- und liebevoll um seine Grossmutter. Aber natürlich wird er in Moskau, dieser zwölf Millionenstadt, ins kalte Wasser geworfen. Er muss sich selbst zuerst zurechtfinden.
Zudem muss er seine Studenten in den USA betreuen, damit er ein minimales Einkommen hat. Der Kontakt zu seinen Studenten geht eben nur über das Internet. Moskau im Jahr 2008, das heisst Internetempfang, mehr schlecht als recht. Auf abenteuerliche Weise gelingt es ihm immer wieder Kontakt zu seinen Studenten zu aufzubauen.
Als leidenschaftlicher Eishockey Liebhaber möchte er im verrückten Hockeyland Eishockey spielen. Aber ein Eisfeld in Moskau zu finden ist gar nicht so einfach. Am anderen Ende der Stadt findet er eine Gruppe, die ihn mitspielen lässt. Diese Mannschaft besteht aus illustren Mitstreitern, vom erfolgreichen Immobilienmogul, bis hin zum überzeugten Kommunsten.

„Ein schreckliches Land“ beschreibt auf selbstironische, wunderbare, leicht zu lesende Art, das Leben in Moskau, in der Zeit von Medwedjew und Putin. Gessen beschreibt die wenigen Gewinner der postkommunistischen Zeit, sowie die überzeugten Kommunisten, die der Sowjetunion nachtrauern. Er beobachtet das alles durch die Brille seiner dementen Grossmutter, die immer wieder wache Momente hat.
Wer Russland verstehen will, muss dieses Buch gelesen haben. Es empfiehlt sich aber weiter, weil man gut beobachten kann, wie sich ein Enkel liebevoll um seine Grossmutter kümmert.